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Die Gretchenfrage: Nun sag, wie machst du's mit der Tafel?

Interaktives Whiteboard vs. Tablet-Whiteboard

Im Zuge der schulischen Digitalisierungsoffensive auf Bundes- und Länderebene sind Schulen angehalten ein schulinternes "Medienkonzept" zu entwickeln. Hier geht es um Überlegungen, wie das Thema Digitalisierung in den Unterricht einfließen soll (als fächerübergreifendes Unterrichtsziel oder in einem extra dafür vorgesehenen Fach), wie sich Digitalkompetenzen bei den Lehrkräften aufbauen lassen (Welche Fortbildungen sind notwendig?) und mit welcher IT-Ausstattung die geplanten inhaltlichen Ziele hinsichtlich der Digitalisierung umgesetzt werden können.
Solch ein Medienkonzept sollte gut durchdacht und vor allem an die spezifischen Rahmenbedingungen der jeweiligen Schule (Schülerschaft, Kollegium, räumliche Besonderheiten usw.) angepasst werden. Vor allem der Aspekt Hardware bzw. IT-Ausstattung muss intensiv durchdacht sein. Denn sobald die neuen Geräte - Interaktives Whiteboard oder Tablet mit Beamer - vom Sachaufwandsträger bereitgestellt sind und ins Klassenzimmer installiert wurden, gibt es kein Zurück mehr. Die Hardware bestimmt dann maßgeblich die didaktisch-methodische Vorgehensweise der Lehrkräfte.

Die Hardware bestimmt dann maßgeblich die didaktisch-methodische Vorgehensweise der Lehrkräfte.

Umso wichtiger ist es, dass man sich für die Planung der IT-Ausstattung Zeit nimmt und im nahen Austausch mit dem gesamten Kollegium überlegt, wie das Lehren und Lernen an meiner Schule zukünftig stattfinden soll.
In diesem Artikel wird auf eine wesentliche Fragestellung zur Geräteausstattung eingegangen: Soll an meiner Schule ein interaktives Whiteboard oder ein Tablet in Kombination mit einem Beamer und einem Wireless Display Adapter als Tafelersatz eingesetzt werden?

Zur Technik

Interaktives Whiteboard
Der Begriff interaktives Whiteboard (IWB) beschreibt eine interaktive digitale Tafel, die mit einem Computer verbunden ist. In Kombination mit einem Beamer (Deckenbeamer oder am Whiteboard integrierten Beamer) wird der Bildschirminhalt des Computers auf die Fläche des Whiteboards übertragen. Damit das Whiteboard mehr als eine reine Projektionsfläche für die Inhalte des Computers wird, verfügt es über die Funktion, dass man - je nach Modell - die Software des Computers per Fingerdruck oder mit einem kabellosen Stift direkt auf dem Whiteboard bedienen kann. D.h. die auf das Whiteboard übertragenen Inhalte können per Hand oder mit einem entsprechenden Stift ausgewählt und bearbeitet werden bzw. kann man auch direkt digital auf das Whiteboard schreiben, wie man es von herkömmlichen Tafeln gewohnt ist.

Der Begriff interaktives Whiteboard (IWB) beschreibt eine interaktive digitale Tafel, die mit einem Computer verbunden ist.

Tablet, Wireless Display Adapter und Beamer
Ein Tablet oder auch Tablet-Computer genannt, ist ein mobiler, flacher und leichter Computer, der über einen Touchscreen verfügt. Tablets sind kleine Alles-Könner, da sie Foto-Apparat, Videokamera, GPS-Gerät und MP3-Player vereinen. Zudem sind sie internetfähig (WLAN-Verbindung oder Mobilfunknetz) und durch das Downloaden von Apps funktional schnell erweiterbar. Der Touchscreen eines Tablets lässt sich per Finger oder mit speziellen Tablet-Stiften bedienen.

Ein Tablet oder auch Tablet-Computer genannt, ist ein mobiler, flacher und leichter Computer, der über einen Touchscreen verfügt.

Anschaffungskosten

Ein wichtiger Aspekte, der die Entscheidungsfindung beeinflusst, ist die Kalkulation der Kosten für die Geräteanschaffung. Für die folgende exemplarische Kostenaufstellung wird davon ausgegangen, dass ein Klassenzimmer weder über einen Beamer, noch über eine Projektionsfläche verfügt.

Interaktives Whiteboard
Die Kosten für ein interaktives Whiteboard, das über einen an der Tafel integrierten Beamer verfügt, liegen zwischen 5.000€ und 8.0000€. Zusätzliche Ausgaben für einen Computer (500-1.500€), der mit dem Whiteboard verbunden wird, müssen berücksichtigt werden.
Die Gesamtkosten für ein Interaktives Whiteboard liegen zwischen 5.500-9.500€.

Tablet als interaktives Whiteboard
Da Apple als Marktführer bei der Ausstattung von Bildungseinrichtungen mit Tablets gilt, wird die Kosten-Kalkulation am Beispiel des iPads durchgeführt. Auf der Apple-Homepage kann das älteste iPad-Modell bereits ab einem Preis von 399€ erworben werden. Das iPad Pro in der größten und leistungsstärksten Version kostet knapp 1300€. Um das iPad als interaktives Whiteboard bedienen zu können, muss neben einer Projektionsfläche (Leinwand-Rolle 100€, Whiteboard 250€), ein Beamer (Ultra-Kurzdistanz-Beamer 500-1200€), eine Whiteboard-App (Explain-Everything 10,99€), ein spezieller Stift (normaler Stift 15€, Apple Pencil für iPad Pro 109€) sowie ein Wireless Display Adapter (25-159€), gekauft werden.
Die Gesamtkosten für die Tablet-basierte interaktive Whiteboard-Lösung betragen bei einem älteren iPad-Modell zwischen 1.049,99-2.033,99€ und bei einem iPad Pro zwischen 2.044,99-3.028,99€.

Bedienbarkeit beider Geräte

Das interaktive Whiteboard lässt sich mit einem Stift und/oder per Finger bedienen. Die Bedienung findet in den meisten Fällen problemlos statt. Stellenweise muss jedoch das Whiteboard gründlich gereinigt werden, weil Staub oder Anschriften mit nicht-permanenten Stiften die Stift-/Fingererkennung einschränken können. Zusätzlich müssen die Mienen der interaktiven Stifte in regelmäßigen Abständen erneuert werden.
Das Tablet wird mit einem extra Stift bzw. per Touch bedient. Die Bedienbarkeit ist einfach und den meisten Personen bereits durch ihr privates Smartphone bekannt. Im Gegensatz zum interaktiven Whiteboard wird die Bedienbarkeit nicht durch eine staubige Projektionsfläche beeinflusst, da die Bedienung auf dem iPad-Screen erfolgt. Zur Haltbarkeit der Tablet-Stifte lässt sich keine genaue Äußerung machen.

Didaktisch-methodische Überlegungen

Digitale Geräte sollen dazu beitragen, dass die Lehrkraft komplexe Sachverhalte verständlicher darstellen kann, die SchülerInnen individueller gefördert werden und dass sie sich Digitalkompetenzen aneignen. Die Verfolgung dieser Ziele bedarf einer Reflexion der didaktisch-methodischen Vorgehensweise. Die Lehrkraft muss sich die Fragen stellen: Wie, wann und wo möchte ich das digitale Gerät einsetzen?

Die Lehrkraft muss sich die Fragen stellen: Wie, wann und wo möchte ich das digitale Gerät einsetzen?

Wie?
Die Gemeinsamkeit beider Geräte ist, dass sie im Unterricht eingesetzt und von Lehrkräften sowie SchülerInnen bedient werden. Ein bedeutender Unterschied findet sich jedoch in der Häufigkeit, wie sie eingesetzt werden. Das interaktive Whiteboard wird hauptsächlich zum Lehren durch die Lehrperson verwendet, was allein schon die Standortgebundenheit - vorne im Klassenzimmer - ausmacht. Ein Tablet hingegen ist nicht stationär gebunden und kann dadurch einfacher auch als Lernmedium für SchülerInnen eingesetzt werden.

Ein Tablet hingegen ist nicht stationär gebunden und kann dadurch einfacher auch als Lernmedium für SchülerInnen eingesetzt werden.

Ein weiterer wichtiger Aspekt, der für einen vielseitigeren Einsatz des Tablets spricht, ist die Fülle an Apps aus dem Bildungsbereich. Es finden sich zu jedem wichtigen Förderbereich oder Unterrichtsthema spezifische Apps, die die SchülerInnen bei ihrer individuellen Lernentwicklung begleiten. In diesem Punkt ist das Tablet unschlagbar.

Wann und wo?
Der Einsatz des interaktiven Whiteboards ist räumlich begrenzt. Zur Steuerung muss die Lehrkraft oder die SchülerInnen direkt am Whiteboard oder an dem damit verbundenen PC arbeiten - und zwar im Klassenzimmer. Aus diesem Grund wird das interaktive Whiteboard häufig während der Einstiegs-, Erarbeitungs- und Abschlussphase einer Unterrichtsstunde eingesetzt. In der Übungsphase wird es kaum verwendet.
Das Tablet hingegen kann während jeder Unterrichtsphase genutzt werden. Des Weiteren bietet es den Vorteil, dass es von überall einsetzbar ist: Die SchülerInnen können mit Tablets im, aber auch außerhalb des Klassenzimmers arbeiten.

Das Tablet hingegen kann während jeder Unterrichtsphase genutzt werden. Des Weiteren bietet es den Vorteil, dass es von überall einsetzbar ist.

Vor allem für die Arbeit "draußen" ist das Tablet ein hervorragendes Arbeitsgerät, indem man mit ihm z.B. Fotos und Videos machen und diese für Apps zum Büchererstellen (Bericht über einen Ausflug in ein Museum) verwenden kann. Sofern eine Klasse über mehrere Tablets verfügt, können die SchülerInnen in Einzel- oder Gruppenarbeit parallel digital arbeiten. Des Weiteren haben sie die Möglichkeit ihre am Tablet erzeugten Projekte via Bildschirmsynchronisation von ihrem Platz aus direkt über den Beamer an die Tafel zu streamen. Das kann dazu beitragen, dass Unterrichtsverzögerungen sowie -störungen vermieden werden, da die SchülerInnen nicht von ihrem Platz aufstehen und zum Whiteboard gehen müssen.

Zur Kompatibilität

Ein weiterer Vorteil eines Tablets gegenüber einem interaktiven Whiteboard ist die erhöhte Kompatibilität zwischen verschiedenen Tablet-Anbietern, da die Inhalte nicht systembezogen, sondern App-bezogen gespeichert werden. Das bedeutet, dass Lehrpersonen einfacher Unterrichtsmaterialien austauschen können, solange auf ihrem Tablet (Android oder iOs basiert) mit derselben App gearbeitet wird. Diese erhöhte Kompatibilität zwischen verschiedenen Anbietern ist - aus Erfahrungsberichten von KollegInnen - bei interaktiven Whiteboards häufig leider nicht gegeben. So kann es sein, dass wenn eine Lehrerin bzw. ein Lehrer nach 5 Jahren die Schule wechselt, die digitalen Whiteboard-Materialien an der neuen Schule auf einem Whiteboard eines anderen Anbieters nicht nutzen kann.

Fazit

Bezogen auf die Bewertungskriterien Anschaffungskosten, Bedienbarkeit, didaktisch-methodische Möglichkeiten und Kompatibilität, würde ich im Fußball-Jargon der Tablet-Lösung einen souveränen 4-zu-0-Sieg gegenüber dem interaktiven Whiteboard zusprechen.

Alexander Sali
Über den Autor Alexander Sali Alex ist Mitgründer von Freigeist und Förderschullehrer mit großer Leidenschaft für digitale Medien. Seit Sommer 2023 ist er Schulleiter der Franziskus-Schule in Starnberg. Von Sept. 2018 bis Aug. 2020 arbeitete er an der Regierung von Oberbayern und war dort für die Koordination der digitalen Bildung an Förderschulen zuständig.
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