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Warum künstliche Intelligenz keine Lehrkraft ersetzen kann, aber trotzdem für unser Schulsystem gebraucht wird

Eine exakte Definition von Künstlicher Intelligenz schützt vor irrationalen Ängsten

Wikipedia definiert den Begriff Künstliche Intelligenz (KI) als den Versuch eine menschenähnliche Intelligenz nachzubilden. Es geht also darum, einen Computer so zu programmieren, dass er eigenständig Aufgaben bzw. Problemstellungen bearbeiten kann.

Diese Definition klingt erstmal sehr vage, da die Art der Probleme nicht wirklich beschrieben wird: Handelt es sich um einfache Probleme, wie z.B. das selbstständige Lösen von mathematischen Aufgaben, oder sind komplexe Probleme gemeint, wie z.B. die Diagnosestellung bei Krebserkrankungen.
Des Weiteren löst die Definition bei den meisten Lesern ein unangenehmes Gefühl aus, da die Vorstellung, dass ein Computer selbstständig Aufgaben bearbeitet, häufig mit dem Gedanken einhergeht, dass der Mensch durch Maschinen ersetzt werden könnte.
Um mehr Klarheit und Sicherheit in das Thema KI zu bringen, muss neben der technischen Entwicklung, vor allem auch Zeit in die begriffliche Schärfung gesteckt werden. Es gilt ethische Grundsätze und datenschutzrechtliche Bestimmungen für einzelne Berufsfelder, die von KI profitieren können, exakt festzulegen und transparent zu machen. Erst so kann man den irrationalen Ängsten und Sorgen bzgl. der Möglichkeiten von KI innerhalb unserer Gesellschaft vorbeugen und den Blick auf die mit KI verbundenen Verbesserungen lenken.

Die Lehrkraft ist zentral für den Lernerfolg der Schüler

Das Thema Künstliche Intelligenz ist aktuell auch ein kontrovers diskutiertes Thema im schulischen Kontext. Verschiedene Forschungsprojekte beschäftigen sich mit der Frage, inwiefern KI in Zukunft Lehrkräfte auf der einen Seite und die Schüler auf der anderen Seite unterstützen kann.

Allen Forschungsvorhaben ist die Annahme gemein, dass KI nie eine Lehrkraft ersetzen darf, auch dann nicht, wenn es irgendwann einmal technisch möglich wäre. Diese Überzeugung gründet auf dem vor ein paar Jahren veröffentlichten Buch Visible Learning des weltberühmten Bildungsforschers John Hattie. Hattie wertete über 800 Metaanalysen zum Thema guten Unterrichts aus und konnte dadurch eine Vielzahl an hemmenden und fördernden Faktoren für das Lernen identifizieren. Die zentrale Botschaft von Hatties Studie ist, dass die Lehrperson den größten Einfluss auf den Lernerfolg ihrer Schüler hat, da sie den Unterricht steuert und entscheidet, was, wie, wann gelernt werden soll (Classroom Management). Zusätzlich kommt es darauf an, aus welcher Perspektive das Lernen geplant wird. Hattie konnte aufzeigen, dass Lehrkräfte, die den eigenen Unterricht aus der Sicht ihrer Schüler planten, den größten Lernzuwachs bei ihren Schülern verzeichnen konnten.

Es zeigt sich also ganz deutlich, dass die Angst mancher Lehrkräfte, irgendwann durch einen Computer ersetzt werden zu können, unbegründet ist.

Es zeigt sich also ganz deutlich, dass die Angst mancher Lehrkräfte, irgendwann durch einen Computer ersetzt werden zu können, unbegründet ist.

Lehrkräfte und Schüler können von Künstlicher Intelligenz profitieren

Aber wie lässt sich nun Künstliche Intelligenz einsetzen, damit Lehrer, vor allem aber die Schüler davon profitieren können? Das Stichwort lautet: individuelle Förderung.

In den letzten Jahren wird immer deutlicher, dass man auch durch ein mehrgliedriges Schulsystem den individuellen Leistungsniveaus der Schüler nicht gerecht werden kann. Ob Gymnasium, Realschule, Mittelschule, Grundschule oder Sonderpädagogisches Förderzentrum, überall sprechen Lehrkräfte von einer heterogenen Schülerschaft, was sich einerseits auf die Schulleistung, andererseits auch auf das sozial-emotionale Verhalten bezieht. Die Lehrer stehen vor der riesigen Herausforderung dieser schulartübergreifenden heterogenen Schülerschaft gerecht zu werden. Dass dieser Umstand die ein oder andere Lehrkraft an die Grenzen ihrer Belastbarkeit bringt, ist durchaus nachvollziehbar. So haben sich in letzter Zeit die Schulbuchverlage vermehrt auf diese Heterogenität in den Klassen eingestellt. Sie bieten mittlerweile Differenzierungsmaterialien zu einzelnen Themenbereichen an, um so die unterschiedlichen Leistungsniveaus der Schüler besser anzusprechen. Das führt bei den Lehrkräften zwar zu einer Erleichterung bei der Unterrichtsvorbereitung, jedoch nur marginal und nicht weitreichend genug.

Die Lehrer stehen vor der riesigen Herausforderung dieser schulartübergreifenden heterogenen Schülerschaft gerecht zu werden. Dass dieser Umstand die ein oder andere Lehrkraft an die Grenzen ihrer Belastbarkeit bringt, ist durchaus nachvollziehbar.

Weitaus hilfreicher bei der individuellen Förderung wäre der Einsatz Künstlicher Intelligenz. Der dahinterstehende Gedanken ist, dass erhobene Schülerleistungen selbstständig von einem Computer analysiert werden, um mithilfe der Ergebnisse frühzeitig Lernschwierigkeiten der Schüler aufzudecken und diese mit adäquaten Aufgaben gezielt fördern zu können. Die Lehrkraft würde lediglich bei der Diagnostik der Leistungsniveaus ihrer Schüler sowie bei der Auswahl geeigneter Lernmaterialien durch die Technik unterstützt werden.

In der Unterrichtsforschung wird KI bereits eingesetzt

Ein vielversprechendes Forschungsprojekt, bei dem bereits KI eingesetzt wird, nennt sich Hypermind. Im Rahmen dieses Kooperationsprojekts zwischen dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) und der Technischen Universität (TU) Kaiserslautern wurde ein intelligentes Schulbuch für Tablets und Stationäre PCs entwickelt, mit dessen Hilfe frühzeitig Lern- und Verständnisschwierigkeiten bei Schülern identifiziert werden sollen. Durch einen im Display integrierten Eye-Tracker, der die Blickrichtung der Leser erkennt und analysiert, kann überprüft werden, ob die Schüler Lerninhalte verstanden haben. Für die Analyse und Auswertung der Daten wird Künstliche Intelligenz eingesetzt. Dadurch können in kürzester Zeit Rückschlüsse - sogar noch während der Bearbeitung von Aufgaben - gezogen werden, z.B. ob der Schüler noch Unterstützung bei einem bestimmten Thema benötigt oder welche Themen ihn besonders interessieren.

Künstliche Intelligenz kann nicht die Arbeit von Lehrern ersetzten, jedoch besser machen

KI zur Unterstützung der Lehrer bei der Leistungsdiagnostik ihrer Schüler und individuellen Förderung wird früher oder später Teil des Schulalltages sein. Damit es zu keinen unbegründeten Ängsten auf Lehrerseite kommt, ist die rechtzeitige Auseinandersetzung mit dieser Thematik durch die Forschung, aber auch durch Lehrerfortbildungen notwendig.

Alexander Sali
Über den Autor Alexander Sali Alex ist Mitgründer von Freigeist und Förderschullehrer mit großer Leidenschaft für digitale Medien. Seit Sommer 2023 ist er Schulleiter der Franziskus-Schule in Starnberg. Von Sept. 2018 bis Aug. 2020 arbeitete er an der Regierung von Oberbayern und war dort für die Koordination der digitalen Bildung an Förderschulen zuständig.
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